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Elmar M. LoreyKynokephale aus Sebastian Münsters Cosmographia von 1555
Wie der Werwolf unter die Hexen kam
Zur Genese des Werwolfpozesses

Die Tierverwandlung eines Menschen stand in grundsätzlichem Widerspruch zu den theologischen und philosophischen Vorstellungen des Mittelalters - und im Prinzip - auch der Frühen Neuzeit. Wo aber entstand die Lücke im wissenschaftlichen Diskurs, durch die das hexerische Wolfmodell sich dennoch in die Realität zwängen und zu einem justiziablen und vor Gericht verhandelten Sachverhalt werden konnte? Der folgende Text versucht einige Stationen dieser ideengeschichtlichen Entwicklung nachzuzeichnen.

Übersicht über die Gliederung des Dokumentes:

I. Eine fragmentarische Kartographie
Zu einigen offenen Fragen dieser Prozessvariante. Überleitung zur Fragestellung: Wie konnte der philosophisch-theologisch „undenkbare Gedanke“ der Tierverwandlung zum justiziablen Sachverhalt werden?

II. Der Wolf-Topos bei den frühen Hexenprozessen
„Hexe und Wolf“ bei den frühen Hexenprozessen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Fründ'che Bericht. Die Position der kirchlichen Superstitionslehre (Kanon Episcopi) zu Hexenflug und Tierverwandlung.

III. Lupino more - oder der Wolf als Metapher
Reaktion der ersten Traktate bis zur Mitte des 15. Jhdts.: Johannes Niders Formicarius, Claude Tholosan, Errores, Martin le Franc.

IV. Theorie mit Sollbruchstelle
Der „fiktive“ Hexenflug als juristisches Problem. Die Tierverwandlung als Problem zweiter Klasse. Ankündigung der Entwicklung: von der causa fidei zur causa juris.

V. Im dämonlogischen Laboratorium
Die Relativierung des Kanon Episcopi in den theologischen und juristischen Traktaten bis zum Hexenhammer (1486).

VI. Der Hexenhammer – Der Werwolf als integraler Bestandteil des Systems
Die Rolle des Werwolfs im Hexenhammer. Die fortgesetzte Aufforderung zu einer juristischen Zurichtung.

VII. Komplexitätsreduktion und Konkretion
Die illustrierten Traktate und die kommunikative Rückkopplung. Weitere juristische Einkreisungsversuche und Schwächung der kanonischen Autorität.

VIII. Der Werwolf auf der Agenda des 16. Jahrhunderts
Die Debatte um den Werwolf in Beichtspiegeln, Volksbüchern, Bestiarien, Weltchroniken ect. Rolle der Prodigienliteratur. Neugestaltung der regionalen Hexen-Gesetzgebung bis zu den 1570er Jahren.

IX. Jean Bodins juristische Blaupause für das Werwolfstereotyp
Bodins taktische und staatsphilosophisch motivierte Argumentation in seiner politischen Dämonologie von 1580. Seine theologisch-philosophische Kehrtwende in der Realitätsfrage. Die deutsche Rezeption über Fischart.

X . Vom verwandelten Wolf zum maskierten Wolf
Die Debatte zwischen 1597 bis 1612. Boguets erfolgreicher Versuch, die alte Realitätsfrage aus der Welt zu schaffen.

XI. Für jeden Richter das passende Konzept
Die Debatte bis 1630 und ihre pragmatische Sicht. Maskierungsthese und Trugbildthese stehen problemlos nebeneinander.

XII. Die Fieberkurve der Prozesswirklichkeit
Schlussbetrachtung. Die Realitätsfrage ist bedeutungslos geworden. Unterschiedliche Imaginationen unter den im Verfahren Beteiligten verbinden sich in einer Gesamtinterpretation. Zum kurzen Bestand diese Variante. Abbildung des nachgezeichneten Entwicklungsprozesses anhand einer Prozessstatistik bis zum Endpunkt (Wende zum 18. Jahrhundert).

Zum Text:
(ca. 50 Druckseiten, ca. 300 KB)


Stand:11/2003
© 2003 Elmar M. Lorey

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